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Robert Braunmüller | Abendzeitung München

Bejun Metha, ein entfernter Verwandter des Dirigenten Zubin Mehta, ist ein Star unter den Countertenören. Heute singt er Musik von Gluck und Zeitgenossen im Prinzregententheater

Ein ganz klein wenig wirkt er dann doch genervt. Aber die Frage nach dem Verwandtschaftsverhältnis zu Zubin Mehta ist einfach unvermeidlich, auch wenn sich neugierige Emissäre anderer Zeitungen an diesem Nachmittag schon für dieses Detail interessiert haben.

„Mein Großvater und sein Vater waren Brüder“, sagt Bejun Mehta im Foyer eines Münchner Hotels am Hauptbahnhof. „Ich bin sein Vetter. Aber für mich ist er eher ein Onkel. Wir kennen und mögen uns. Ich habe viel von ihm gelernt, wie man mit den Leute umgeht. Und seine Großherzigkeit und menschliche Wärme finde ich vorbildlich.“

Musikalisch treffen sich die beiden Mehtas gelegentlich bei Mozart. Sonst haben sie sich die Welt geteilt: Zubin Mehta dirigiert die musikalische Welt ab Mozart, Bejun Mehta singt als Countertenor – von Liederabenden einmal abgesehen überwiegend Musik der Ära vor Mozart.

Mehtas Stimme ist erstaunlich hell – hört man nur flüchtig hin, glaubt man, eine Frau würde singen. Heute gastiert der freundliche Amerikaner mit dem Programm seiner neuen CD im Prinzregententheater. Der Counter und die Akademie für Alte Musik Berlin umkreisen die Verwandlung der Opera seria in der Mitte des 18. Jahrhunderts und den Übergang von der Barockmusik zur Wiener Klassik.

Dabei spielt natürlich Christoph Willibald Gluck eine wichtige Rolle. Mehta singt aus seiner Oper „Orfeo ed Euridice“ überraschenderweise nicht das berühmte „Che farò“, sondern die Arie „Che puro ciel“, die mit ihrem wunderbaren Oboensolo die Platte eröffnet und die ihr auch den Titel geliehen hat.

„Es ist das tiefere Stück Musik, sagt Mehta. „,Che faro’ ist eine formal vergleichsweise altmodische Arie. Wir wollen die Experimente dieser Zeit vorführen. Und da passt das Tonpoem von ,Che puro ciel’ mit seiner Schilderung des Gesangs der Vögel, von Schmetterlingen und Bächen viel besser zu unserem Konzept. Außerdem ist die Arie ist für mich der Höhe- und Wendepunkt der Oper.“

Wir – damit ist der Dirigent der Platte und das Konzerts gemeint. Es ist ein Experte für Alte Musik, der in München nur selten auftritt: René Jacobs. „Er war früher selbst Countertenor“, lobt Mehta. „Deshalb versteht er die Schwierigkeiten des Singens besser als Dirigenten, die vom Klavier oder einem anderen Instrument kommen. Jacobs atmet mit und gibt einem bei der Begleitung mit dem Orchester die nötige Zeit.“

Bejun Mehta hat als Knabensopran noch mit Leonard Bernstein gearbeitet. Von ihm hat er gelernt, dass sich ein Interpret auch Freiheiten herausnehmen darf. Später studierte Mehta Deutsche Literatur in Yale und schloss mit einer Arbeit über Heinrich Heine ab. „Mich interessierte, wie Musik einen Text verändern kann“, sagt er in fast akzentfreiem Deutsch. „Etwa in Schumanns ,Dichterliebe’, wo die Ironie in der Vertonung eine viel geringere Rolle spielt.“

Das Studium wirkt bei Mehta immer noch nach: „Ich fange als Sänger auch immer noch zuerst mit dem Text an.“ Begonnen hat der 45-jährige Amerikaner allerdings als Bariton – aber er fühlte sich in der Lage unwohl. „Das war ein dunker Umweg. Als ich angefangen habe, gab es nur wenige gute Countertenöre, die man sich sich als Vorbild hätte nehmen können. Heute gibt es Künstler wie David Daniels oder Andreas Scholl. Junge Sänger haben heute solche Umwege sind nicht mehr nötig – Countertenöre werden als ganz normale Stimme ernstgenommen.“

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